„Änderungen zum Erbschaftsrecht ab Januar 2010“

„Änderungen zum Erbschaftsrecht ab Januar 2010“

Frankfurter Rundschau vom 23.02.2010

Ab Januar 2010 gelten einige Neuerungen zum Erb- sowie Erbschaftssteuerrecht. Zusammengefasst werden Schenkungen vor dem Erbfall nunmehr nur noch zu einem gewissen Prozentsatz dem Erbe zugerechnet, es ist also zukünftig einfacher, erbschaftsmindernde Schenkungen zu Lebzeiten vorzunehmen. Darüber hinaus werden Geschwister durch neue erbschaftssteuerrechtliche Regelungen begünstigt. Der Entzug des Pflichtteils ist nach neuem Erbrecht erschwert worden, es besteht zukünftig ein Stundungsanspruch gegenüber den Pflichtteilsberechtigten, das heißt Immobilien müssen nicht zu einem schlechten Preis veräußert werden, um Pflichtteilsansprüche zu befriedigen.

Auswirkungen von Schenkungen zu Lebzeiten auf das Erbe

Schenkungen innerhalb von 10 Jahren vor dem Todesfall werden nicht mehr wie bisher voll dem Erbe zugeschlagen, sondern nur noch in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes. Beispielsweise wird der Wert von Geschenken ein Jahr vor dem Tod nur noch zu 90% dem Erbe zugerechnet, zwei Jahre vorher nur noch zu 80%. Der Gesetzgeber hat eine Staffelung geschaffen, sodass für jedes weitere Jahr 10% vom Wert der Schenkung abgezogen werden. Es lohnt sich damit in jedem Fall, Schenkungen vor dem Todesfall erbschaftsmindernd vorzunehmen. Durch solche Schenkungen können Erbschafts- und Pflichtteilsansprüche anderer erbberechtigter Familienmitglieder reduziert werden. Allerdings gilt die neue Regelung nicht für selbstgenutzte Immobilien und Schenkungen an den Ehegatten.

Geändert worden ist auch die Rechtslage bei Pflegeleistungen von Kindern und Enkeln gegenüber Eltern und Großeltern. Künftig können pflegende Angehörige in jedem Fall einen Ausgleich für die Pflegeleistungen aus dem Erbe erhalten, unabhängig davon, ob sie Verluste oder Einbußen in ihrem beruflichen Bereich erlitten haben.

Entzug des Pflichtteils sowie Regelung zur Stundung des Anspruchs auf Zahlung des Pflichtteils

Insgesamt hat das neue Recht den Entzug des Pflichtteils erschwert. Es reicht nunmehr nicht alleine ein „unsittlicher Lebenswandel“ aus, der Angehörige muss eine vorsätzliche rechtswidrige Handlung begangen haben und im Zusammenhang damit zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden sein.

Wird ein Erbe von einem Pflichtteilsberechtigten auf Auszahlung des Pflichtteils in Anspruch genommen, mussten in der Vergangenheit oft Notverkäufe von Immobilien zu einem schlechten Preis getätigt werden, um den Ausgleichsanspruch zu befriedigen. Das neue Recht hat hier wesentliche Erleichterungen gebracht, so besteht ein Anspruch auf Stundung den jeder Erbe beantragen kann, der von Pflichtteilsberechtigten in Anspruch genommen wird. Der Zahlungsanspruch kann dann in Raten befriedigt werden.

Anfechtungsmöglichkeiten des Testamens

Testamente sind grundsätzlich rechtsbindend. Das Gesetz sieht verschiedene Anfechtungsmöglichkeiten vor, so können beispielsweise weiter hinzukommende Erben oder Pflichtteilsberechtigte das Testament eventuell anfechten. Ein solcher Fall ist beispielsweise denkbar, wenn der Erblasser zwischen der Erstellung eines Testament und dem Todesfall nochmals geheiratet hat und weitere erbberechtigte Abkömmlinge hinzukommen. Diese können dann das Testament anfechten.

Änderung der Erbschaftssteuer für Geschwister

Erbende Geschwister fallen nach der einschlägigen gesetzlichen Regelung in Steuerklasse 2. Die Regierung hat die Erbschaftssteuersätze für Geschwister ab Januar 2010 gesenkt, diese müssen nunmehr für Vermögen bis 600.000,- EUR nur noch einen wesentlich niedrigeren Erbschaftssteuersatz zahlen. Für alle Beträge bleibt es bei dem Freibetrag von 20.000,- EUR. Ebenfalls unter die Steuerklasse 2 fallen Neffen und Onkel. Die für Steuerklasse 2 geltende neue Erbschaftssteuertabelle sieht wie folgt aus:

Steuerpflichtiges Erbe / Schenkung in Euro bis…  Steuersatz in % in Steuerklasse II
2009  2010
…75.000 30 15
…300.000 30 20
…600.000 30 25
…6.000.000 30 30

Holger Weismantel, 23. Februar 2010

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