Güterrechtliche Auseinandersetzung mit Auslandsbezug

Güterrechtliche Auseinandersetzung mit Auslandsbezug

Frankfurter Rundschau vom 02. Februar 2017

Aufgrund der immer weiter zusammen wachsenden Rechtszuständigkeiten im Bereich der EU, kommt es immer wieder zu familienrechtlichen Fallkonstellationen mit Auslandsbezug. Diese können zum Beispiel dadurch entstehen, dass sich ein Ehepaar in dem der Trennung und Scheidung vorangegangen Zeitraum überwiegend im europäischen Ausland aufgehalten hat, denkbar sind allerdings auch Fälle, in denen nach der Trennung ein Ehegatte in das ursprüngliche Heimatland zurück gezogen ist und der andere Teil im europäischen Ausland verbleibt. In all diesen Fallkonstellationen stellt sich zunächst die Frage der Zuständigkeit des anzurufenden Gerichts und des anzuwendenden Rechts.

In den §§ 98 ff. FamFG ist zunächst vorgesehen, dass deutsche Gerichte dann zuständig sind, wenn ein Ehegatte Deutscher ist oder dies bei der Eheschließung war, ferner auch dann, wenn beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Denkbar sind jedoch jederzeit auch Fallkonstellationen, in denen ein ausländisches Gericht zuständig ist, beispielsweise dann, wenn beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im europäischen Ausland haben, eine entsprechende Gerichtszuständigkeit ergibt sich aus der Verordnung Nr. 2201/2003 der EU. In vielen Fällen leben Deutsche bereits seit Jahren in Italien oder Spanien, ein Scheidungsantrag landet dann häufig bei dem dortigen Gericht, welches nach der derzeitigen Rechtslage bei einem vorherigen langjährigen Aufenthalt der Parteien für die Scheidungsvoraussetzungen italienisches oder spanisches Recht anwenden wird, dies ergibt sich aus der europäischen Verordnung Nr. 1259/2010. Soll im Anschluss an die Ehescheidung auch eine güterrechtliche Auseinandersetzung des während der Ehe erworbenen Vermögens erfolgen, stellt sich wiederum die Frage des anzuwendenden Rechts. Gemäß Art. 15 Abs. 1 EGBGB, ist auf die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe das bei der Eheschließung maßgebende Recht anzuwenden, dieses wird bei deutschen Staatsbürgern, deren Eheschließung in Deutschland erfolgte, gemäß Art. 14 Abs. 1 Nr.1 EGBGB deutsches Güterrecht sein, das heißt eine güterrechtliche Auseinandersetzung vor einem ausländischen Gericht wäre dann nach deutschem Güterrecht durchzuführen, das ausländische Gericht wendet dann die dementsprechenden deutschen Rechtsvorschriften an.

Um die unterschiedlichsten Fallkonstellationen, welche im Zusammenhang mit einer Auslandsberührung denkbar sind zu vereinheitlichen, hat der Rat der Europäischen Union eine neue güterrechtliche Verordnung (VO Nr. 2016/1103) verabschiedet, diese regelt einheitlich das auf eine güterrechtliche Auseinandersetzung anzuwendende Recht. Die europäische Güterrechtsverordnung ist allerdings erst ab dem 29.01.2019 anwendbar und entfaltet zudem auch keine rückwirkende Anwendung auf vor diesem Datum geschlossene Ehen, sodass es nach den deutschen Vorschriften der Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB bei dem für die güterrechtlichen Beziehungen geltenden Recht verbleibt, welches das zum Zeitpunkt der Eheschließung anzuwendende Recht war. Haben also die Parteien als deutsche Staatsangehörige in Deutschland die Ehe geschlossen, bleib es bei der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung nach deutschem Güterrecht, dies ist die sog. „Unwandelbarkeit“ des Güterstandes. Ein gegebenenfalls im Ausland im Zusammenhang mit der güterrechtlichen Auseinandersetzung angerufenes Gericht, hat insoweit deutsches Güterrecht für die Auseinandersetzung des während der Ehe entstandenen Zugewinns anzuwenden, in der Regel ist dies aufgrund der Komplexität der güterrechtlichen Vorschriften und der fehlenden Erfahrung der Gerichte mit dem deutschen Güterrecht, nicht immer mit einer bei Anrufung eines deutschen Gerichts zu vergleichenden Genauigkeit verbunden. Bei spanischen Gerichten ist es insoweit üblich, eine Rechtsbescheinigung über das anzuwendende Recht in das Verfahren einzubringen, deutsche Gerichte werden in der Regel von Amts wegen ein Rechtsgutachten über das anzuwendende ausländische Recht bei einer öffentlich rechtlichen Institution, z.B. dem Max-Planck-Institut für internationales Privatrecht, einholen.

Anders verhält sich die Rechtslage im Unterhaltsrecht, hier wird in der Regel das Recht des Staates angewendet, in dem die unterhaltsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, dies ergibt sich aus Art. 3 des Haager Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht. Diese Regelung hat zwar den Vorteil, dass der unterhaltsrechtliche Bedarf nach den jeweiligen Bedingungen am Aufenthaltsort ermittelt wird und beispielsweise die dortigen Lebenserhaltungskosten und die Inflationsrate des jeweiligen Aufenthaltsortes in die Ermittlung des unterhaltsrechtlichen Bedarfs einfließen. Allerdings ist dies für den Unterhaltsberechtigten auch mit dem Nachteil verbunden, dass grundsätzlich auch eine für den Unterhaltsberechtigten nachteilige Rechtslage am Aufenthaltsort dazu führen kann, dass beispielsweise ein Anspruch auf Nacheheunterhalt ganz erheblich verkürzt wird. Dies ist ganz besonders bei einer vergleichsweisen Betrachtung zwischen dem in Deutschland gegebenen Anspruch auf Nacheheunterhalt und den in Spanien bestehenden Rechtsansprüchen der Fall. Während sich in Deutschland der Anspruch auf Nacheheunterhalt nach einer rechtlich normierten Quotenunterhaltsberechnung nach dem ehelichen Bedarf und damit der Einkommensdifferenz zwischen dem wirtschaftlich stärkeren Ehegatten und dem wirtschaftlich Schwächeren richtet, ist in Spanien die Zumessung eines langjährigen Anspruchs auf Nacheheunterhalt eher die Ausnahme. Die dortige Rechtsprechung arbeitet eher mit Kompensationsbeträgen, welche sowohl güterrechtliche als auch unterhaltsrechtliche Elemente miteinander verbinden und deshalb hier häufig lediglich einmalige Ausgleichzahlungen pauschal zugesprochen werden.

Holger Weismantel, 2. Februar 2017

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