Neue europäische Rechtsverordnungen zum ehelichen Güterrecht

Neue europäische Rechtsverordnungen zum ehelichen Güterrecht

Frankfurter Rundschau vom 19. März 2019

Zur Vereinheitlichung des ehelichen Güterrechts, hat die EU mit Wirkung zum 29.01.2019 neue EU-Güterrechtsverordnungen erlassen (Verordnungen EU 2016/1103 und 2016/1104), welche eine einheitliche europaweite Regelung des im Falle einer Scheidung für die Vermögensaufteilung heranzuziehenden Rechts gewährleisten sollen.

Aufgrund der stetig voranschreitenden Globalisierung, spielen in immer mehr Ehen internationale Faktoren eine zunehmende Rolle, hierbei handelt es sich um die Nationalität, den gewöhnlichen Aufenthalt sowie den Ort der Eheschließung. Bisher war die Rechtslage so, dass für den Zugewinnausgleich und die Vermögensaufteilung im Falle der Scheidung, das Recht des Staates anwendbar war, in welchem die Ehe geschlossen wurde beziehungsweise in welchem die Ehegatten ihren gemeinsamen Aufenthalt hatten. Dabei sah das bisherige Recht auch bei Änderungen dieser Verhältnisse, beispielsweise den Umzug in ein anderes europäisches Land, die Fortgeltung des zuerst für die Ehe rechtsgültigen Güterstandes vor.

Den neuen, seit dem 29.01.2019 geltenden europäischen Güterrechtsverordnungen, sind nicht alle EU-Staaten beigetreten, aktuell gilt die Verordnung für 19 Mitgliedsstaaten der EU, unter anderem auch Deutschland, Spanien und Österreich. Die wichtigste rechtliche Neuerung ist, dass die Ehegatten das für das eheliche Güterrecht anwendbare Recht frei wählen können. Diese Rechtswahl gilt sowohl für die Zukunft, als auch bei ausdrücklicher vertraglicher Bestimmung für die Vergangenheit. Dabei können die Parteien sowohl das Recht ihres gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts wählen, als auch das Recht eines Staates, dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten oder beide Ehegatten haben. So können beispielsweise ein Deutscher und eine Italienerin, die in Österreich leben, sich für deutsches, italienisches oder österreichisches Recht entscheiden. Zu beachten ist, dass die meisten Rechtsordnungen vorsehen, dass eine entsprechende Rechtswahl notariell beurkundet werden muss, dies gilt in jedem Fall für Deutschland und auch für Spanien.

Treffen die Ehegatten keine Rechtswahl, gilt in erster Linie das Recht des ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts nach der Eheschließung, andernfalls das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Hochzeit haben. Ist eine entsprechende gemeinsame Staatsangehörigkeit nicht vorhanden, gilt das Recht, mit dem die Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung gemeinsam am engsten verbunden sind.

Die neuen EU-Rechtsverordnungen treffen ferner Bestimmungen dazu, welches Gericht im Falle einer Vermögensauseinandersetzung zuständig ist. Im Falle des Todes eines Partners ist beispielsweise das Gericht zuständig, welches über die Erbfolge entscheidet, insoweit das nach den einzelstaatlichen Vorschiften zuständige Nachlassgericht. Im Falle einer Scheidung ist das Gericht, das mit der Scheidung beziehungsweise Trennung befasst ist, für die Auseinandersetzung des ehelichen Vermögens und die Entscheidung über etwaige Zugewinnausgleichsforderungen zuständig. Diese Regelung soll den Parteien ein sogenanntes „Forum-Shopping“ unmöglich machen, dabei handelt es sich um eine taktische Wahl des jeweils günstigen Gerichtsstandes.

Durch die neuen EU-Rechtsverordnungen ist eine erhebliche Rechtsunsicherheit bei internationalen Ehen im Bereich des ehelichen Güterrechts weitgehend beseitigt worden. Allerdings sind beide Rechtsverordnungen erheblich komplexer, als es sich in diesem Zusammenhang darstellen lässt, sodass es ratsam ist, vor entsprechender notarieller Beurkundung Informationen über die sich aus den einzelnen Güterständen ergebenden Konsequenzen im Zusammenhang mit der Vermögensaufteilung einzuholen.

Holger Weismantel, 19. März 2019

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