„Umgangsrecht“ (Stand April 2008)
„Umgangsrecht“ (Stand April 2008)
Wochenblatt vom 17. April 2008
Umgangsrecht als Recht und Pflicht
Das Umgangsrecht ist Ausdruck fortbestehender elterlicher Verantwortung und das wichtigste und deshalb besonders schutzbedürftige Recht zur Aufrechterhaltung der Bindungen des Kindes an seine Eltern. Dabei versteht der Gesetzgeber das Umgangsrecht als eigenes, persönliches Recht des Kindes auf Umgang mit jedem Elternteil. Umgekehrt beschreibt das Gesetz das Umgangsrecht als Recht und Pflicht jedes Elternteils, dieses möglich zu machen und wahrzunehmen. Viel stärker als früher ist dabei die Orientierung am Wohl des Kindes in den Vordergrund getreten, d.h. es wird zunehmend als eine Elternpflicht zum Wohle des Kindes verstanden.
Grundsätzlich folgt aus dem im Grundgesetz verankerten Elternrecht, dass die Eltern frei von staatlichen Eingriffen darüber entscheiden können, wie das Umgangsrecht ausgeübt werden soll und wie sie damit ihrer Elternverantwortung gerecht werden können. Möglich sind Vereinbarungen zu Art, Ort und zum Zeitpunkt des Umgangsrechts, ferner darüber, wer das Kind abholt und bringt und wer die Kosten für den Transport zu tragen hat. Eine gerichtliche Regelung sollte nur dann gesucht werden, wenn eine Einigung nicht erzielt werden kann.
Sanktionen bei Vereitelung des Umgangs durch den sorgeberechtigten Elternteil
Unterbindet der sorgeberechtigte Elternteil unter Verstoß gegen gerichtlichen Anordnungen oder Vereinbarungen der Eltern grundlos über längere Zeit hinweg den Kontakt mit dem anderen Elternteil, liegt darin in aller Regel eine Gefahr für das Wohl des Kindes. Gegen den das Sorgerecht verhindernden Elternteil kann das Gericht Zwangsmaßnahmen, wie z.B. die Androhung eines Zwangsgeldes verhängen. Ferner kann die hartnäckige Weigerung des Sorgeberechtigten dazu führen, dass wegen schwerwiegender Zweifel an seiner Erziehungseignung seine Berechtigung zur Ausübung des Sorgerechts zu überprüfen ist. Des Weiteren kommt auch die Überprüfung einer Herabsetzung oder sogar eine vollständige Versagung des zu zahlenden Ehegattenunterhalts in Betracht, dies freilich nur unter sorgfältiger Abwägung der Gesamtsituation und unter Wahrung des Mindestunterhalts für den unterhaltsbedürftigen Gatten.
Keine zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht eines umgangsunwilligen Elternteils
In einem vielbeachteten Urteil vom 1. April 2008 hatte das Bundesverfassungsgericht in einem Fall zu entscheiden, in dem eine Frau von einem verheirateten Mann ein Kind bekam. Der Mann zahlte zwar Unterhalt für das Kind, zeigte jedoch kein Interesse, Umgang mit diesem Kind zu pflegen. Das Familiengericht hatte den Antrag der Mutter des Kindes, den Mann zum Umgang zu verpflichten, zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Mutter hin hatte das Oberlandesgericht den Beschluss des Familiengerichts aufgehoben und unter Androhung eines Zwangsgeldes den Mann verpflichtet, regelmäßigen und betreuten Umgang mit dem Kind zu haben. Auf die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde des Vaters, hat das Bundesverfassungsgericht diesem Recht gegeben. Das Verfassungsgericht vertritt die Auffassung, dass durch den gegen den Willen des Vaters erzwungenen Umgang, das Kind der Gefahr ausgesetzt wird, dass es durch die Ablehnung des Vaters in seinem Selbstwertgefühl in Frage gestellt wird. Trotz der Elternpflicht zum Umgang mit dem Kind, ist der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts uneingeschränkt zuzustimmen. Die gesetzliche Pflicht zur Ausübung des Umgangsrechts kann sich dann in ihr Gegenteil verkehren, wenn der Vater seiner Pflicht nicht freiwillig nachkommt, sondern dazu gezwungen werden muss. Im Zweifel ist daher die zwangsweise Durchsetzung des Umgangs gegen den Willen des betroffenen Elternteils abzulehnen.
Holger Weismantel, 17. April 2008
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