Versorgungsausgleich – Aussetzung der Rentenkürzung nach § 33 VersAusglG

Versorgungsausgleich – Aussetzung der Rentenkürzung nach § 33 VersAusglG

Frankfurter Rundschau vom 06. April 2021

Anlässlich der Scheidung findet grundsätzlich der Versorgungsausgleich statt. Eine Kürzung der Rentenbezüge des unterhaltspflichtigen Ehegatten kann dann unbillig sein, wenn der geschiedene Ehegatte Rentner wird oder dies bereits ist und der andere unterhaltsberechtigte Ex-Ehegatte, einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt hat und noch unterhalb des Renteneintrittsalters ist.

Nachdem der Gesetzgeber das „Rentnerprivileg“ im Jahre 2009 abgeschafft hat, schützt der Rentenbezug nicht mehr vor einer Kürzung des Versorgungsausgleichs. Hat insoweit bspw. der ausgleichspflichtige Ehegatte zum Zeitpunkt der Scheidung bereits das Renteneintrittsalter erreicht und der ausgleichsberechtigte Ehegatte noch keinen Anspruch auf eine Altersrente, wird entgegen der alten Rechtslage derzeit die Altersrente des Ausgleichspflichtigen unmittelbar zum Zeitpunkt der Scheidung gekürzt. Um dieser Rechtsfolge zu entgehen, kann ein Aussetzungsantrag gemäß §§ 33 ff. VersAusglG bei dem hierfür zuständigen Familiengericht gestellt werden. Antragsberechtigt sind hier beide Ehegatten, bei Änderungsanträgen eventuell auch der Versorgungsträger des anzupassenden Anrechts. Die Aussetzung der Rentenkürzung gilt ab dem ersten Tag der Antragstellung, insoweit kann hier Eile geboten sein. Wird vom Familiengericht das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Aussetzung der Rentenkürzung bejaht, so erfolgt diese maximal in Höhe des zu zahlenden nachehelichen Unterhalts, jedoch nur bis zum Renteneintritt des Unterhaltsberechtigten.

Die Grundlage einer Verpflichtung zur Zahlung von Nacheheunterhalt kann entweder auf einer gerichtlichen Entscheidung beruhen oder auch auf einer Vereinbarung der geschiedenen Ehegatten. Eine solche Vereinbarung kann u.a. auch durch eine notarielle Protokollierung herbeigeführt werden. Wichtig ist für den Fall, dass sich die Unterhaltsverpflichtung aus einer Vereinbarung der Parteien ergibt, dass diese für das Gericht nachvollziehbar ist, d.h. die Vereinbarung sollte, so wie dies im Übrigen bei jeder unterhaltsrechtlichen Vereinbarung von Vorteil ist, die Bemessungsgrundlagen für die Berechnung des Unterhalts beinhalten. Gleichwohl muss das Gericht immer prüfen, ob die Unterhaltsreglung den aktuellen gesetzlichen Vorschriften über den nachehelichen Unterhalt entspricht, dies hat der BGH bereits im Jahre 2017 entschieden (Beschluss des BGH vom 02.08.2017, AZ.: XII ZB 170/16). Dabei ist vom Gericht zum einen zu berücksichtigen, ob sich möglicherweise die Rechtslage geändert hat, zum anderen müssen die Berechnungsgrundlagen auch mit den aktuellen Verhältnissen übereinstimmen. Beruht die sich aus der Vereinbarung ergebende Unterhaltsverpflichtung bzgl. deren Höhe bspw. noch auf höheren Erwerbseinkünfte zum Zeitpunkt der Berechnung, ist der Unterhalt auf die aktuellen Renteneinkünfte der Parteien anzupassen, d.h. es ist durchaus möglich, dass das Familiengericht dann eine Aussetzung nur in Höhe eines niedrigeren Unterhaltsanspruch feststellt.

Grundsätzlich kann die Antragstellung vor Eintritt der Rechtskraft des Versorgungsausgleichs erfolgen, ist der ausgleichspflichtige Ehegatte im Zeitpunkt der Scheidung jedoch bereits Rentner, sollte eine Antragstellung spätestens drei Monate nach Rechtskraft des Versorgungsausgleichs durchgeführt werden. Bezieht der ausgleichspflichtige Ehegatte seine Altersrente erst nach Ablauf eines gewissen Zeitraums nach der Scheidung, sollte der Antrag dann spätestens mit der Zahlung der Altersrente gestellt werden, um zu gewährleisten, dass eine etwaige Aussetzung ab dem Zeitpunkt der Antragstellung rechtswirksam festgestellt wird. Es gelten bestimmte Geringfügigkeits- bzw. Bagatellgrenzen. Die Aussetzung entfällt, wenn die Kürzung bei einem Rentenbetrag 2%, ansonsten als Kapitalwert 240% der monatlichen Bezugsgröße des § 18 Abs.1 SGB IV unterschreitet. Maßgeblich ist daher der Wert der Kürzung am Ende der Ehezeit nicht deren aktueller Wert.

Anpassungsfähig sind nur die in § 32 VersAusglG genannten Grundversorgungen, daher können betriebliche Altersvorsorgen und private Versicherungen nicht angepasst werden. In der Regel sind insoweit öffentlich-rechtliche Renten, Versorgungen der Versorgungswerke sowie öffentlich-rechtliche Zusatzversorgungen anpassungsfähig. Grundsätzlich besteht für das Aussetzungsverfahren kein Anwaltszwang, aufgrund der Komplexität der Materie empfiehlt es sich jedoch, einen diesbezüglichen Antrag mit entsprechender anwaltlicher Vertretung bei Gericht einzureichen.

Holger Weismantel, 28. November 2019

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