Volljährigenunterhalt – Anspruch auf Finanzierung einer Ausbildung
Volljährigenunterhalt – Anspruch auf Finanzierung einer Ausbildung
Frankfurter Rundschau vom 15.07.2010
Immer wieder taucht zwischen Eltern und ihren Abkömmlingen die Frage auf, wie lange Eltern an ihr volljähriges Kind Unterhalt zur Finanzierung einer Ausbildung, sei es während einer Lehre oder eines Studiums, zahlen müssen. Dabei werden die unterhaltspflichtigen Eltern oft mit einer sehr langen Studiendauer und einer nicht effizient betriebenen Aus- und Weiterbildung konfrontiert. In vielen Fällen machen volljährige Kinder ihren Unterhaltsanspruch auch erst nach Jahren geltend, obwohl der in Anspruch genommene Elternteil schon längst nicht mehr mit dem Bestehen eines Unterhaltsanspruchs gerechnet hat.
Erfreulicherweise hat der Bundesgerichtshof in derartigen Fällen schon vor längerer Zeit darüber entschieden, welche Voraussetzungen ein unterhaltberechtigtes volljähriges Kind zu erfüllen hat, um fortlaufend einen Unterhaltsanspruch gegen seine Eltern geltend machen zu können. Bereits in einem Urteil vom 4.3.1998 (Az.: XII ZR 173/96) kam der BGH zu dem Ergebnis, dass für den Fall, dass ein Kind im Anschluss an eine Lehre ein weiterbildendes Hochschulstudium beginnen möchte, zwischen der Lehre und dem Beginn des Studiums ein zeitlicher Zusammenhang bestehen muss. Immer wieder werden Eltern in ähnlichen Fällen mit dem Sachverhalt konfrontiert, dass dem Nachwuchs während einer Berufsausbildung ergänzend Volljährigenunterhalt gewährt wird und der Abkömmling nach dem Abschluss der Ausbildung zunächst in dem erlernten Beruf zumeist über mehrere Jahre berufstätig ist. Entschließt sich der volljährige Nachwuchs dann nach einer Zeit von zumeist ein oder zwei Jahren, ein weiterführendes Hochschulstudium zu beginnen, ist nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1998 der erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen der Berufsausbildung und dem weiterführenden Studium nicht gewahrt, was letztlich dazu führen kann, dass kein weiterer Anspruch auf Unterstützung durch die Eltern besteht. Ein ähnlicher zeitlicher Zusammenhang muss auch zwischen einem Schulabschluss und dem Beginn einer Berufsausbildung oder der Aufnahme eines Studiums bestehen.
Der Abkömmling ist verpflichtet, sich alsbald nach Abschluss der Schule um seine berufliche Weiterbildung zu bemühen. In einer weiteren Entscheidung vom 27.9.1989 (Az.: IVb ZR 83/88) hat der Bundesgerichtshof mit ähnlichem Ergebnis darauf abgestellt, dass zwischen der Lehre und dem anschließenden Studium eine Einheitlichkeit des Ausbildungsgangs bestehen muss. Wird der erlernte Beruf über eine längere Zeit dazwischen ausgeübt, sieht der Bundesgerichtshof die Einheitlichkeit des Ausbildungsgangs als nicht gegeben an, was wiederum zu einem Verlust des Anspruchs auf Volljährigenunterhalt und damit der Unterstützung durch die Eltern führt. Der Volljährige ist in diesen Fällen zumeist darauf zu verweisen, dass die Ausbildung entweder selbst finanziert wird oder der Lebensunterhalt zukünftig durch Erwerbstätigkeit selbst verdient werden muss. Unterhaltsverpflichtete Eltern haben das Recht, von ihrem volljährigen Kind bei Erlangen der Volljährigkeit zu erfahren, welche Art der zukünftigen Ausbildung bzw. Studium geplant sind und wie lange die Ausbildung voraussichtlich dauern wird. Kindergeld, welches zugunsten des volljährigen Abkömmlings gezahlt wird, kann dieser für sich verwenden und wird auf seinen Unterhaltsbedarf angerechnet. Grundsätzlich ist beim Volljährigenunterhalt zu beachten, dass beide Elterteile anteilig für den Bedarf des volljährigen Kindes haften. Leben die Eltern zum Zeitpunkt der Erlangung der Volljährigkeit nicht mehr zusammen, muss sich der volljährige Abkömmling selbst darum kümmern, welches Einkommen von jedem Elternteil erzielt wird und dies gegebenenfalls auch dem jeweils anderen Elternteil mitteilen. Dies sollte möglichst zeitnah, das heißt mit dem Zeitpunkt der Erlangung der Volljährigkeit geschehen, da ansonsten die Geltendmachung rückständigen Unterhalts nicht möglich ist. Letztlich geht der Gesetzgeber, abgesehen von den hier beschriebenen Problemfällen, jedoch grundsätzlich davon aus, dass Eltern verpflichtet sind, ihrem Kind eine begabungsentsprechende Ausbildung zu finanzieren.
Dies gilt im Allgemeinen auch für ein im Anschluss an eine Berufsausbildung absolviertes Hochschulstudium, wenn sich dieses als Fortentwicklung der in der Lehre erlangten Qualifikation darstellt und in direktem zeitlichen Zusammenhang mit der Berufsausbildung steht. Auch kann sich der Unterhaltsberechtigte dann auf eine Unterstützung durch seine Eltern verlassen, wenn vor Beginn einer weiterführenden Ausbildung zunächst eine Orientierungsphase von 2-3 Monaten benötigt wird, die beispielsweise für ein Auslandspraktikum genutzt wird. Abschließend kann festgehalten werden, dass derjenige, der seine Ausbildung vernünftig in Absprache mit den unterhaltspflichtigen Eltern aufbaut, mit einer ausbildungsbegleiteten Unterstützung durch die Eltern und einem entsprechenden Rechtsanspruch hierauf rechnen kann. Dem sprichwörtlichen „Bummelstudenten“ wird hingegen die Durchsetzung seiner Ansprüche durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erheblich erschwert.
Holger Weismantel, 15. Juli 2010
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