Neues Unterhaltsrecht (Stand Dez. 2007)

Neues Unterhaltsrecht (Stand Dez. 2007)

Wochenblatt vom 06. Dezember 2007

Ab dem 1. Januar 2008 tritt die neue Reform des Unterhaltsrechts in Kraft. Die Reform rückt die Interessen der Kinder in den Vordergrund, sie sollen deshalb künftig beim Unterhalt an erster Stelle stehen. Von praktischer Relevanz ist dies im sog. Mangelfall, nämlich dann, wenn nicht genügend Geld vorhanden ist, dann haben die Kinder Vorrang vor allen anderen Unterhaltsberechtigten.

Ferner sieht das neue Unterhaltsrecht vor, dass hinsichtlich der Dauer des Betreuungsunterhalts Mütter und Väter die ihr Kind betreuen, gleich behandelt werden, unabhängig davon, ob sie verheiratet waren oder nicht. Grundsätzlich ist Betreuungsunterhalt für den kindesbetreuenden Elternteil während der ersten drei Lebensjahre des Kindes zu zahlen. Eine Verlängerung kommt dann in Betracht, wenn dies der Billigkeit entspricht. Damit entfällt auch das sog. Altersphasenmodell, das bisher dem kindesbetreuenden Elternteil, der verheiratet war, bis zum achten Lebensjahr des jüngsten Kindes keine Erwerbstätigkeit zugemutet hat.

Förderung des Kindeswohls

Bisher musste sich das unterhaltsberechtigte minderjährige Kind den ersten Rang mit geschiedenen und aktuellen Ehegatten teilen. Ab dem 01.01.2008 gilt, dass Kindesunterhalt in Zukunft Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen hat. Die Unterhaltansprüche von Erwachsenen sind demgegenüber nachrangig. Den zweiten Rang teilen sich alle kinderbetreuenden Elternteile, unabhängig davon, ob sie verheiratet sind oder waren, gemeinsam oder allein ein Kind erziehen. Ebenfalls im zweiten Rang befinden sich nach dem neuen Unterhaltsrecht Ehegatten bei langer Ehedauer, da hier das über Jahre hinweg gewachsene Vertrauen in eheliche Solidarität als schutzwürdig behandelt werden soll. Dies gilt auch dann, wenn die Kinder bereits aus dem Haus sind.

Betreuungsunterhalt für eheliche und nichteheliche Kinder

Zukünftig haben alle Mütter und Väter, die ihr Kind betreuen, zunächst zumindest für die Dauer von drei Jahren nach der Geburt des Kindes Anspruch auf Betreuungsunterhalt. Dieser Betreuungsunterhalt ist dann zu verlängern, wenn dies der Billigkeit entspricht. Ab dem Alter von drei Jahren sind für die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit des kinderbetreuenden Elternteils, die zur Verfügung stehenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten, z.B. Unterbringung in einem Kinderhort, zu berücksichtigen. Soweit die Belange des Kindes nicht entgegenstehen, kann der kindesbetreuende Elternteil auf diese Art der Kinderbetreuung verwiesen werden. Diese Regelung gilt einheitlich für betreuende Elternteile, egal ob diese verheiratet waren oder nicht. Im Einzelfall kann aus Gründen der nachehelichen Solidarität der Betreuungsunterhalt verlängert werden.

Stärkung der nachehelichen Eigenverantwortung

Um die Belastung für Zweitfamilien aus den oftmals aus der ersten Ehe resultierenden Unterhaltsverpflichtungen zu vermindern, hat der Gesetzgeber den Grundsatz der Eigenverantwortung näher in den Vordergrund gerückt. Der in der Ehe erreichte Lebensstandard ist nicht mehr das entscheidende Kriterium, sondern nur noch eines von mehreren Kriterien. So wird zukünftig, wie dies die Rechtsprechung bereits seit längerer Zeit getan hat, das Kriterium des Vorliegens von ehebedingten Nachteilen verstärkt in den Vordergrund rücken. Es wird also zukünftig bei der Beurteilung der Dauer von nachehelichem Unterhalt stark darauf ankommen, ob der Unterhaltsberechtigte durch die Ehe Nachteile in seiner beruflichen Fortentwicklung hat hinnehmen müssen. Ferner hat der Gesetzgeber nunmehr eine Formpflichtigkeit von Unterhaltsvereinbarungen vor der Scheidung eingeführt, diese müssen zukünftig beurkundet werden.

Fazit

Unterhaltsberechtigte aus einer Ehe von verhältnismäßig kurzer Dauer, müssen zukünftig zunehmend mit einer Befristung ihrer nachehelichen Unterhaltsansprüche rechnen. Im Ergebnis hat der Gesetzgeber in Anbetracht der zunehmenden Kinderarmut in Deutschland, mit dem neuen Unterhaltsrecht zur Durchsetzung von Kindesunterhaltsansprüchen im Mangelfall, d.h. bei nur geringem Einkommen, Erleichterungen für Kinder geschaffen. Ferner wird grundsätzlich die Ehe nicht länger als eine Lebensgemeinschaft mit lebenslanger Lebensstandardgarantie begriffen, hierauf werden sich zukünftig tendenziell nur noch solche Unterhaltsberechtigte berufen können, die eine Ehe von verhältnismäßig langer Dauer (ca. 15-20 Jahre) geführt haben und denen im Zusammenhang mit langen Kindererziehungszeiten berufsbedingte Nachteile entstanden sind. Im Einzelnen wird jedoch insbesondere im Hinblick auf die Inanspruchnahme von Betreuungsmöglichkeiten zur Ermöglichung einer Erwerbstätigkeit, eine umfangreiche einzelfallbezogene Rechtsprechung erforderlich werden, die den weiteren Weg der zukünftigen Handhabung des neuen Unterhaltsrechts weisen wird.

Holger Weismantel, 6. Dezember 2007

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